U-Verlagerung

'Untertage Verlagerungen' sind unterirdische, kriegswichtige (bombensichere) Geheimanlagen der deutschen Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg. Schenkt man Aufzeichnungen amerikanischer Militärs und Augenzeugenberichten Glauben, so wurden die beiden Stollen im Steinbruch für eben diese Zwecke geschaffen...

 

Deckname: "Achat"

Nach Aussagen alter Einwohner, des sich in der Nähe befindlichen Dorfes Großbothen, sind die Stollen erst 1945 angelegt worden. Um den 12. April 1945 wurde das Dorf von den Amerikanern befreit. Um große Stollen und Hallen in den Berg zu treiben war also nicht viel Zeit. Von daher sind die angefangen Stollen für den Zeitraum überaus realistisch. Großbothen hatte damals keine Industrie, war aber ein Eisenbahnknoten und daher für viele Firmen sehr interessant. Es gab in der Gegend einige HASAG Werke und eine Firma die schon ca. 1942/43 aus Leipzig nach Großbothen verlagert wurde. In der U-Verlagerung "Achat" sollte die Flugmotorenherstellung der 'Junkers Flugzeug- und Motorenwerke A.G. Dessau' fertigen.

Mit Hilfe von Zwangsarbeitern hatte man angefangen zwei Stollen in den Berg zu treiben. Im kleineren Stollen sind Spuren von technischen Einbauten noch heute zu erkennen worüber die Bewetterung* stattfand, welche man bei einem schnellen Vortrieb ins Gebirge benötigte. An Bohrungen rund um das Mundloch erkennt man, dass die Stollen sehr schnell vorgetrieben wurden und erst im Nachhinein eine Vergrößerung stattfinden sollte. Typisch für den militärischen U-Verlagerungsstollen-Vortrieb... .

 

* (Grubenbewetterung - allg. für technische Maßnahmen zur Versorgung von Bergwerken mit frischer Luft. Quelle: wikipedia)

 

  • Baubeginn 1945 im "Schwemmteichbruch"
  • Stollenanlage im Quarzporphyr, ausreichendes Deckgebirge
  • Anbindung an Eisenbahn Strecke Borsdorf - Coswig
  • für neue Stollenanlagen verwendete das 'Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion'
    Geologische Bezeichnungen als Decknamen

Geschichtlicher Hintergrund

 

Bereits 1936 wurden im Rahmen der deutschen Kriegsvorbereitungen Überlegungen zum baulichen Luftschutz der Bevölkerung und Industrie angestellt. Die NS-Regierung beschloss, nach dem die deutschen Rüstungs-

betriebe in Peenemünde durch die britische Operation Hydra stark beschädigt wurden, kriegswichtige Fabriken unter Tage zu verlagern. Insbesondere wurde die Herstellung synthetischen Benzins im sogenannten Geilenberg-Programm unter die Erde verlegt. Das Programm erhielt durch den Generalkommissar für Sofortmaßnahmen beim Reichsministerium für Rüstung- und Kriegsproduktion, Herrn Edmund Geilenberg, seinen Namen. Die deutsche Flugzeugindustrie wurde unter der Regie des Jägerstabs dezentralisiert und in unterirdische Entwicklungs- und Produktionsanlagen verlegt.

Bereits im Herbst 1943 plante das Reichministerium für Bewaffnung und Munition, unter Alber Speer, die "bombensichere" Verlagerung von wichtigen Rüstungsfertigungen in unterirdische Räume und verbunkerte Bauwerke. Als potentielle Verlagerungsorte kamen Höhlen, Eisenbahn- und Strassentunnel, Steinbrüche und versteckte Täler in Frage. Die Einrichtung und der Ausbau sowie die auch spätere Produktionsaufnahme waren mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen verknüpft. Die umfangreichen Baumaßnahmen standen unter der Aufsicht der Organisation Todt, die den Arbeitseinsatz eng mit der SS und der Gestapo koordinierte.

Anfang 1944 wurden so verschiedene Reichsbahntunnel, Stollen, Tagebaue bzw. Gruben, größere unterirdische Keller und Höhlen zu U-Verlagerungen genutzt und ausgebaut. Es wurden aber auch neue Stollensysteme in kürzester Zeit angelegt. Hierzu wurden unter menschenunwürdigen und brutalsten Bedigungen Zwangsarbeiter benutzt, die den Bau oftmals nicht überlebten.

Eine Aufstellung verschiedener deutscher Ämter vom November 1944 sah eine Gesamtfläche von mehr als 7,8 Millionen Quadratmetern unterirdischen Raumes für die Rüstungswirtschaft vor. Die Flugzeugindustrie hatte mit ca. 3 Millionen geplanten Quadratmetern den größten Anteil an dieser Fläche, nutzte Untertageverlagerungen also in besonders hohem Maße. Es wurden weit über 1000 U-Verlagerungen geplant!

 

Quellen: 

USSBS: "Aircraft division industry report", Jan 1947

Minehunters  (Textepassagen geändert bzw. gekürzt!)